Paul Hindemith (1895–1963)
Sonate für Oboe und Klavier
Dongxu Wang (Oboe)
Peter Geilich (Klavier)
César Franck (1822–1890)
Sonate A-Dur für Flöte und Klavier
Melanie Sobieraj (Flöte)
Borys Sitarski (Klavier)
Georg Abraham Schneider (1770–1839)
Quartett g-Moll für Flöte, Violine, Viola und Violoncello op. 69
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Quartett G-Dur für Flöte, Violine, Viola und Violoncello, KV 285a
Anja Kreuzer (Flöte)
Alexandru-Dan Manasi (Violine)
Jonathan Larson (Viola)
Yugyung Kim (Violoncello)
Paul Hindemiths Sonate für Oboe und Klavier entstand 1938 während eines Sommeraufenthalts im schweizerischen Chandolin, inmitten politischer und persönlicher Umbrüche. In der Weimarer Republik galt Hindemith als eine der prägenden Gestalten der musikalischen Moderne. Doch im NS-Staat geriet er früh unter Druck: Seine stilistisch moderne, intellektuelle Musik wurde als „entartet“ diffamiert, Aufführungen wurden zunehmend behindert – auch wegen seiner Ehe mit der Jüdin Gertrud Rottenberg.
Die Situation eskalierte 1934, als Wilhelm Furtwängler die Uraufführung seiner Oper MATHIS DER MALER vorbereitete: Einen Künstler im Spannungsfeld zwischen politischem Gewissen und schöpferischer Verantwortung zu thematisieren, wurde als zu kritisch wahrgenommen, was schließlich zu Furtwänglers Rücktritt als Leiter der Berliner Staatsoper führte, während sich Hindemith zunehmend aus dem deutschen Musikleben zurückzog und schließlich im November 1938 in die Schweiz emigrierte.
Über die Entstehung der Sonate berichtete Hindemith im Juni 1938 vergnügt in einem Brief an seinen Verlag Schott: „Chandolin ist das schönste aller Feriennester, wir sind einstweilen ganz allein hier, braten uns braun und rennen auf die nächstliegenden Berge. Das uns zum Fenster hereinschauende Matterhorn haben wir bis jetzt noch unbehelligt gelassen. Komponieren tut sich’s gut hier. Ich habe das umfangreiche Klarinettenquartett fertig gemacht, ferner eine Fagottsonate und eine Oboensonate.“
Hindemith war als Komponist ein Praktiker. Nachdem ihm die politische Situation die Aufführungen großer Werke unmöglich machte, wandte er sich der Kammermusik zu, die in Deutschland im privaten Rahmen gespielt werden konnte und das Interesse ausländischer Instrumentalvirtuosen weckte. So begann er 1935 mit seiner Sonate für Geige und Klavier eine Reihe von insgesamt 26 Sonaten zu komponieren, die 1955 mit der Sonate für Basstuba und Klavier ihren Abschluss fand. Dabei entstanden die wenigsten Stücke für einen bestimmten Interpreten oder konkreten Anlass. Stattdessen bedachte Hindemith fast alle Orchesterinstrumente mit einem eigenen Werk. Ob Klavier, Harfe, zehn verschiedene Blasinstrumente oder Orgel: Hindemith vermochte den spezifischen Ansprüchen jedes Instruments gerecht zu werden, zumal er – mit Ausnahme der Harfe –alle selbst beherrschte. So vermag jede seiner Sonaten zum musikalischen Porträt des Instruments zu werden, für das sie komponiert worden war.
Da es für Hindemith zu der Zeit kaum noch Gelegenheit für eigene Konzertauftritte gab, genoss er mit seiner Frau Gertrud am Klavier das gemeinsame Musizieren, wofür seine Sonaten eine willkommene Bereicherung waren. Seinem Verleger Willy Strecker berichtete er im November 1939: „Du wirst Dich wundern, dass ich das ganze Blaszeug besonate. Ich hatte schon immer vor, eine ganze Serie dieser Stücke zu machen. Erstens gibt es ja nichts Vernünftiges für diese Instrumente, die paar klassischen Sachen ausgenommen, es ist also zwar nicht vom augenblicklichen Geschäftsstandpunkt, jedoch auf weitere Sicht verdienstlich, diese Literatur zu bereichern. Und zweitens habe ich, nachdem ich mich nun schon mal so ausgiebig für die Bläserei interessiere, große Lust an diesen Stücken ...“
Nur einen Monat nach ihrer Fertigstellung erlebte die Sonate am 20. Juli 1938 ihre Uraufführung in London. Doch Hindemith, der vor seinem Schweizer Exil noch seinen Berliner Haushalt auflösen musste, blieb dem Konzert fern und besuchte lediglich eine Probe, um seine Sicherheit nicht zu gefährden. Denn die Aufführung war politisch durchaus brisant, fand sie doch im Rahmen einer Kunstausstellung statt, die als Antwort auf die Ausstellung „Entartete Kunst“ den Werken von Künstlern gewidmet war, die durch die NS-Diktatur in Not geraten waren.
César Franck, der aus Lüttich stammende Komponist und legendäre Organist der Pariser Kirche Sainte-Clotilde, war bis zum Ende des zweiten Kaiserreichs 1871 vor allem als Organist und Kirchenmusiker bekannt. Seine Schüler nannten ihn ehrfürchtig „Père Franck“ und verehrten ihn gleichermaßen als Erneuerer der französischen Orgelschule sowie als Professor am Pariser Konservatorium.
Viele seiner heute fest im Konzertrepertoire verankerten Werke, etwa das Klavierquintett, das Streichquartett, die Variations symphoniques für Klavier und Orchester oder die Sinfonie d-Moll, entstanden erst in seinen letzten Lebensjahren. Dazu zählt auch die Violinsonate A-Dur von 1886, eines der wenigen späten Werke, das sich schon zu Lebzeiten des Komponisten im Konzertsaal durchsetzen konnte.
Die Sonate zählt heute zu den bedeutendsten kammermusikalischen Werken des späten 19. Jahrhunderts und gilt als ein herausragendes Beispiel für die französische Musik des Fin de Siècle. Ursprünglich für Violine und Klavier komponiert, widmete Franck das Werk seinem Freund Eugène Ysaÿe als Hochzeitsgeschenk. Der belgische Geiger, der nicht zuletzt aufgrund seiner makellosen Violin-Technik einer der führenden Virtuosen seiner Zeit war, spielte die Uraufführung während seiner Hochzeitsfeierlichkeiten selbst und war von dem „vollkommen neuartigen Werk“ so begeistert, dass er versprach: „Ich werde dieses Meisterwerk überall spielen, wo ich einen kunstsinnigen Pianisten finde.“ Er hielt Wort und die Sonate trat in seinen Konzertprogrammen rasch ihren Siegeszug um die Welt an.
Für die „bande à Franck“, wie Francks engster Schülerkreis genannt wurde, wurde die Sonate zum Inbegriff der zyklischen Form und bestätigte einmal mehr ihre Überzeugung, dass Franck der (einzig) legitime Nachfolger Beethovens sei. Denn ähnlich wie bei einigen späten Kompositionen Beethovens leiten sich alle wesentlichen Themen aus einem zu Beginn erklingenden zweitaktigen Kernmotiv ab, das von der Violine vorgestellt wird.
Durch ihren Erfolg erlangte die Sonate schnell eine Bedeutung, die über das ursprüngliche Instrument hinauswies. Schon bald entstanden erste Bearbeitungen für andere Instrumente, etwa für das Violoncello. Eine der bemerkenswertesten und heute am weitesten verbreiteten Transkriptionen ist die für Flöte und Klavier. Diese Bearbeitung eröffnet dem Werk eine neue klangliche Perspektive und erweiterte Francks Repertoire auf das Gebiet der Kammermusik für Bläser. Der lyrische Charakter der Flöte, ihr weiter Tonumfang und ihre Fähigkeit zur farblichen Nuancierung ermöglichten eine überzeugende Umsetzung des Originals, auch wenn gewisse Anpassungen und Umgestaltungen notwendig wurden.
Georg Abraham Schneiders Quartett in g-Moll op. 69 entstand in einer Zeit des musikalischen Umbruchs, als die Grenzen zwischen Klassik und aufkommender Romantik zunehmend durchlässiger wurden. Schneider, heute vor allem Kennern bekannt, war damals ein angesehener Komponist, Hornist und Dirigent, der das musikalische Leben Berlins und Potsdams prägte. Als Kapellmeister am preußischen Hof stand er in engem Kontakt mit den neuesten musikalischen Strömungen seiner Zeit und war tief in die kulturellen und politischen Entwicklungen des frühen 19. Jahrhunderts eingebunden.
Das Quartett op. 69 entstand in einer Phase, in der Schneider sich verstärkt der Kammermusik zuwandte. Anders als viele seiner früheren Werke, die oft auf sein Instrument, das Horn, zugeschnitten waren, zeigt sein Flötenquartett einen universelleren Anspruch, ein Streben nach formaler Durchdringung und emotionaler Tiefe. Um die Jahrhundertwende hatte Schneider sich bereits mit dem Wandel des Musikgeschmacks auseinandergesetzt, insbesondere mit der sich langsam durchsetzenden Vorliebe für expressivere, subjektivere Ausdrucksformen, wie sie in der Musik Franz Schuberts oder Carl Maria von Webers anklingen.
Während seine frühen Kompositionen noch ganz im Zeichen höfischer Repräsentation standen und sich einer gewissen Leichtigkeit und Eleganz verpflichtet fühlten, spiegelt das g-Moll-Quartett im Zusammenhang mit dem veränderten kulturellen Klima Preußens eine neue Ernsthaftigkeit wider. Der Einfluss der napoleonischen Kriege, die Neuordnung Europas und die Restauration nach dem Wiener Kongress hinterließen auch in der Musik ihre Spuren – nicht nur in der Gestalt der Themen oder im Ausdruck, sondern im gesamten künstlerischen Selbstverständnis. Schneider, der sich selbst nie offen politisch äußerte, schuf Werke, die im Rückblick durchaus als Kommentare auf die geistige Atmosphäre ihrer Entstehungszeit gelesen werden können.
In seinem Opus 69 gelingt ihm eine bemerkenswerte Balance zwischen formaler Strenge und subjektiver Geste, zwischen Traditionsbewusstsein und individueller Handschrift. Auch wenn Schneider heute weniger bekannt ist, so dokumentiert das Quartett eindrucksvoll das kreative Potenzial eines Komponisten, der seine Kunst als ernsthafte Auseinandersetzung mit einer sich wandelnden Welt verstand.
Wolfgang Amadeus Mozarts Quartett in G-Dur KV 285a gehört zu den wenigen, aber bedeutenden Kompositionen, die der junge Salzburger Meister für die ungewöhnliche Besetzung von Flöte, Violine, Viola und Violoncello schrieb. Die Entstehung dieses Werkes fällt in die Jahre 1777 und 1778, eine Phase tiefgreifender Umbrüche für den damals erst einundzwanzigjährigen Komponisten. Während einer Reise durch Süddeutschland und Frankreich, die er gemeinsam mit seiner Mutter unternahm, war Mozart nicht nur auf der Suche nach einer festen Anstellung, sondern insbesondere auch nach künstlerischer Anerkennung jenseits der engen Grenzen des erzbischöflichen Hofes in Salzburg.
In Mannheim, einem der wichtigsten Musikzentren des ausgehenden 18. Jahrhunderts, traf er auf die dortige Hofkapelle, die für ihre technischen Fähigkeiten und ihren gestalterischen Feinsinn berühmt war. Die Bekanntschaft mit den Mannheimer Musikern, die ihn dem begeisterten Flötisten und Medizingelehrten Ferdinand Dejean vorstellten, führte zur Entstehung mehrerer Flötenwerke, darunter das G-Dur-Quartett. Dejean hatte bei Mozart mehrere Kompositionen in Auftrag gegeben, doch der junge Komponist, der der Flöte zeitlebens mit einer gewissen künstlerischen Skepsis begegnete, erfüllte die Erwartungen seines Auftraggebers nicht vollständig. Trotzdem gelang ihm mit dem G-Dur-Quartett ein Werk von großer Eleganz und innerer Geschlossenheit, das weit über die Bedürfnisse eines bloßen Gelegenheitsstücks hinausweist.
Die Umstände der Entstehung waren von Spannungen durchzogen: Die Reise verlief nicht wie erhofft, finanzielle Sorgen häuften sich, und der plötzliche Tod seiner Mutter in Paris wenige Monate später sollte einen tiefen Einschnitt in Mozarts Leben bedeuten. Auch wenn das Werk formal in der heiteren Tonart G-Dur gehalten ist und mit einem auffallend galanten Tonfall auftritt, steht es dennoch im Schatten dieser schwierigen Zeit – ein Umstand, der dem Quartett retrospektiv eine doppelte Lesart verleiht: als klingendes Dokument höfischer Konversation ebenso wie als Ausdruck eines jungen Komponisten, der zwischen Anpassung und künstlerischer Selbstbehauptung zu vermitteln sucht.
Susanne von Tobien
Besetzung
Mit
Termine
11.15 Uhr