Langsam aber sicher werden die Tage merklich länger und heller. Der Frühling hält Einzug in Schleswig-Holstein. Also weg vom Bildschirm und raus an die frische Luft! Inspirationen für Ihren nächsten Wochenendspaziergang finden Sie ab sofort jeden Freitagabend an dieser Stelle. Mitglieder des Schauspielensembles nehmen Sie mit auf ihre liebsten Spaziergangsstrecken und geben Ihnen dazu noch frühlingshafte Lyrik mit auf den Weg.
Reiner Schleberger nimmt uns mit ans Ufer der Schlei, wo Wald und Wasser aufeinandertreffen. Im Laub des letzten Herbstes sucht er nach den ersten Zeichen eines herannahenden Frühlings, in der um sich greifenden Einsamkeit nach der Nähe zu sich selbst und in alltäglichen Beschäftigungen nach dem schmerzlich vermissten Theaterspiel. Ob er fündig wird, sehen Sie im Video:
Mit: Reiner Schleberger | Video: Clara Kreft | Schnitt: Jannes Christophersen | Ton: René Reinhardt
Theodor Storm: April
Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.
Die liebste Spaziergangsstrecke von Kimberly Krall führt direkt an der Eider entlang. Sie lässt sich den Wind durch die Haare pusten und die Sonne auf die Nase scheinen. Die ein oder andere tierische Begegnung ist mit etwas Glück auch mit dabei. Kimberly Krall hat immer ein Buch im Rucksack, und auch auf diesem Spaziergang hat sie einen tollen Ort zum Lesen gefunden. Passend zum langen Osterwochenende liest sie Goethes Osterspaziergang:
Mit: Kimberly Krall | Video: Clara Kreft | Schnitt: Jannes Christophersen | Ton: René Reinhardt
Johann Wolfgang von Goethe: Vor dem Tor
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
Simon Keel flaniert gern am Kanalufer in Rendsburg. Neben anderen Spaziergängern lassen sich hier auch wunderbar die Schiffe beobachten, die den Nord-Ostsee-Kanal passieren. Die Längste Bank, die mit ihren 575,75 Metern den Weltrekord auf ihrem Gebiet hält, bietet dabei mit Sicherheit ausreichend Platz zum Verweilen. Wir haben Simon Keel auf einem melancholisch-schönen Spaziergang mit überraschendem Ende begleitet. Sehen Sie selbst:
Mit: Simon Keel | Video: Clara Kreft | Schnitt: Jannes Christophersen | Ton: René Reinhardt
Arno Holz: Über die Welt hin ziehen die Wolken
Über die Welt hin ziehen die Wolken.
Grün durch die Wälder
fließt ihr Licht.
Herz, vergiss!
In stiller Sonne
webt linderndster Zauber,
unter wehenden Blumen blüht tausend Trost.
Vergiss! Vergiss!
Aus fernem Grund pfeift, horch, ein Vogel …
Er singt sein Lied.
Das Lied vom Glück!
Vom Glück.