Stadttheater in Flensburg

Historie

Das Stadttheater in Flensburg

Die Theatergeschichte Flensburgs reicht nachweislich bis in das Jahr 1450 zurück. In St. Marien führten Bürger unter der Anleitung von Geistlichen ein Passionsspiel auf. Mit der Gründung der Lateinschule 1560 kam es zur Aufführung von Schuldramen, die sich am Vorbild der römischen Autoren Plautus und Terenz orientierten. Für 1582 ist die Aufführung eines Spiels TOBIAS belegt. Ab 1598 spielten die Lateinschüler ihre Stücke auch in deutscher Sprache. 1622 führte man im Schloss Duburg die Komödie in niederdeutscher Sprache ABRAHAM von Johannes Moth auf.

Nach 1650, als sich im gesamten Deutschen Reich deutsche Theatergesellschaften nach dem Vorbild der englischen Komödianten bildeten, gastierten einige von ihnen in Flensburg mit so genannten Haupt- und Staatsaktionen. Für die Vorstellungen nutzten die Wandertruppen den großen Saal des 1445 erbauten Rathauses. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gastierten regelmäßig Gesellschaften in der Fördestadt. Mit dem Aufkommen des Pietismus häuften sich die Theaterverbote. Ein solches erließ der dänische König Christian VI. für die Jahre von 1738 bis 1749. Die Begründung: Den „jungen Leuten” würde „allmählich das Geld aus dem Beutel gelockt”. Den Komödianten warf er vor, sie hingen „insgeheim einem liederlichen Leben” an.

Mit dem Gastspiel der „Schleswiger Hofschauspielergesellschaft” 1787 begann für die Flensburger eine bis heute nicht abgerissene Theatertradition. 1795 eröffnete das erste bürgerliche Theater Schleswig-Holsteins seinen Spielbetrieb. Für 18 577 Mark hatte man ein Theatergebäude errichtet, das ein Halbrund mit Stehparkett, Parkett und einen Rang mit 13 Logen besaß und 800 Zuschauern Platz bot. Am Eingang war der Spruch zu lesen: „Tretet ein, auch hier sind Götter.” Als erstes Stück war die Komödie DIE MÜNDEL des damaligen Erfolgsautors August Wilhelm Iffland zu sehen. Das Theater entwickelte sich zum kulturellen Mittelpunkt der Stadt.

1798 gründeten Bürger die „Theatralische Gesellschaft”. Ein Jahr später, 1799, rief die Kloß- und Hansingsche Schauspielgesellschaft sogar ein „Nationaltheater” aus. Wieder begann man mit einem Stück von Iffland (ALTE UND NEUE ZEIT), doch schon nach 77 Vorstellungen erwies sich das Unternehmen als undurchführbar. Ohne Nation war kein Nationaltheater möglich, wie schon Lessing 30 Jahre zuvor in Hamburg nach dem Scheitern der Enterprise von 1767/1769 konstatieren musste. Bis 1807 setzten sich aber die Gastspiele von Gesellschaften fort, die hauptsächlich in Schleswig spielten. Sie kamen zumeist für zwei Monate nach Flensburg und gaben um die 40 Vorstellungen, wobei die Wiederholung eines Stückes die Ausnahme blieb. Die Gastspiele reisender Gesellschaften prägten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Theaterszene. Dabei gab es manchen Höhepunkt, wie z.B. den Gastauftritt des Komponisten Pietro Mascagni, der 1877 die „Sängerhalle” füllte.

Nach dem Brand des Wiener Ringtheaters Anfang Dezember 1881 wurden alle Theatergebäude in Deutschland auf ihre Brandsicherheit überprüft. Das 85 Jahre alte Haus, ein 30 Meter langer und 15 Meter breiter Holz-Steinbau, konnte die Kriterien nicht erfüllen. Daher riss man 1883 das Theater und das alte Rathaus ab. Seit 1882 plante man einen Neubau, doch der konnte erst 1894 eröffnet werden. Nach Plänen des Stadtbaurates Otto Fielitz errichtete man bei Baukosten von 35 500 Mark ein Gebäude, dessen Stil sich an italienischen Renaissancebauten orientierte und das mit der Verwendung von Backsteinen zugleich norddeutsche Bautraditionen aufgriff. 850 Plätze standen zur Verfügung. Als erster Direktor pachtete für 3 000 Mark Emil Fritzsche das noch heute genutzte Theater. Er hatte auch ein Festspiel in Versen verfasst, in dem es u.a. hieß: „O möge nun in dieser Feierstunde erstehen zwischen uns ein inn’ges Band, das Eurem schönen Lande bringe Kunde, welch’ herrlich’ Werk für immer hier entstand.” An die gut gemeinten Verse schloss sich Beethovens „Die Weihe des Hauses” an. Schillers WILHELM TELL war dann das erste Stück, mit dem sich das Ensemble aus 27 Darstellern vorstellte. Auf Fritzsche, der bis 1902 blieb, folgten Harry Oscar (1902-1912) und Ernst Bornstedt (1912-1934). Vor allem Bornstedt hatte in seiner Ära großen Erfolg.

1933 brachte eine starke Ideologisierung der Kunst, vor allem auch des Theaters. Man schickte Bornstedt in Rente, und das jetzige „Grenzlandtheater” wurde von zwei strammen Parteigenossen bis 1945 geleitet, zuerst von Hermann Nissen (1934-1937), dann von Rudolf Ziegler (1937-1944). Mit dem „Totalen Krieg” war für das Theater auch in Flensburg ab dem 1. September 1944 Schluss. Erst am 24. Oktober 1946 hob sich wieder der Vorhang. Bis 1974 leiteten als Intendanten das Mehrspartenhaus: Walter Eckhardt (1945-1947), Fritz Rohrbeck (1948/1949), Rolf Prasch (1949-1951), Heinrich Steiner (1951-1959) und von 1959 bis 1974 Dr. Benno Hattesen. Heinrich Steiner war auch GMD des Nordmark Sinfonieorchesters, Vorläufer des heutigen Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters. Zwar spielte das Orchester schon lange im Theater, doch blieb es bis 1974 eine eigenständige Einrichtung der Stadt. Die Zeit von Benno Hattesen kann man, was Länge und Erfolg angeht, mit der von Ernst Bornstedt vergleichen. Zunehmend hatte er jedoch mit finanziellen Problemen zu kämpfen, die schließlich mit dazu führten, dass aus den einst selbstständigen Theatern Flensburg, Rendsburg und Schleswig unter Einschluss des Nordmark-Sinfonieorchesters das Schleswig-Holsteinische Landestheater und Sinfonieorchester gebildet wurde.

Am 3. Juni 1974 wurde der Vertrag geschlossen, der den Grundstein für die heutige „Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH” legte. Gesellschafter waren insgesamt 20 Städte und Kreise. Standorte waren und sind noch immer Flensburg, Schleswig und Rendsburg. Das Musiktheater einschließlich des Orchesters hat seinen Sitz in Flensburg, das Schauspiel wurde Schleswig und Rendsburg zugeteilt, die Verwaltungszentrale befand sich in Schleswig. Generalintendant und alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer Dr. Horst Mesalla hob am 1. August 1974 die „Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH” aus der Taufe. Ihm folgten Michael Grosse (2000-2010) und Peter Grisebach (2010-2020), zu dessen großen Verdiensten das Abwenden einer möglichen Insolvenz der GmbH gehört.

Heute ist das Schleswig-Holsteinische Landestheater und Sinfonieorchester ein modernes Unternehmen mit rund 380 Beschäftigten und über 700 Vorstellungen pro Spielzeit. Betrieben wird es in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der Spitze mit der Generalintendantin und alleinigen Geschäftsführerin Dr. Ute Lemm, die die GmbH seit August 2020 leitet. Der Verwaltungssitz ist seit 2016 von Schleswig nach Rendsburg verlegt.

 

Das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester

1920 gründete die Stadt Flensburg aus 40 qualifizierten Musikern der aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrten Militärmusikregimenter das “Flensburger Städtische Orchester” unter der Leitung von Musikdirektor Viktor Wolfgang Schwarz. Das Orchester entwickelte sich zu einem leistungsfähigen Klangkörper, der in den Sinfoniekonzerten große romantische Literatur (Wagner, Liszt, Strauss, Berlioz) spielte und daneben pro Saison noch 30 Volkskonzerte (Walzer, Märsche, Operettenmelodien) und sechs Kammerkonzerte gab. Nach vierjähriger Tätigkeit wurde Schwarz von Musikdirektor Klaus Barth abgelöst, der den Schwerpunkt auf Händel, Haydn und Mozart legte. Er führte als Neuerung pro Saison sieben Volksbildungskonzerte ein, in denen er dem Publikum ausführliche Erläuterungen zu den gespielten Werken gab. Das Orchester konzertierte jetzt auch in Schleswig, Husum, Eiderstedt und Nordschleswig und übernahm zusätzlich die Musik im Stadttheater. Seit 1923 kam das sommerliche Engagement als Kurorchester u.a. auf den Nordfriesischen Inseln, Helgoland und in Bad Ems hinzu. Die Weltwirtschaftskrise wirkte sich jedoch auch auf das kulturelle Leben in Flensburg negativ aus, sodass die Stadt aus finanzieller Not den Klangkörper 1930 auflöste.

Das Orchester hatte jedoch durch Aufnahmen für den Rundfunk große Anerkennung gefunden, und so konnten mit Hilfe von Geldern aus Berlin die entlassenen Musiker, die sich mittlerweile dem neu gegründeten „Verein der Musikfreunde in Flensburg” angeschlossen hatten, neue Verträge angeboten werden. Die Konzerte der Saison 1932/1933 fanden erstmals im neu eröffneten Deutschen Haus statt.

1933 wurde Klaus Barth, der sich auch um die umstrittene zeitgenössische Musik verdient gemacht hatte, von den Nationalsozialisten abgesetzt. Sein Nachfolger war bis 1937 Johannes Röder, der sich als Chorleiter und Organist von St. Nikolai einen Namen gemacht hatte, die volkstümlichen Konzerte wurden von Konzertmeister Albert Nocke geleitet. Das „Städtische Orchester Flensburg” wurde in „Grenzland-Orchester” umbenannt. Die Konzerte wurden häufig im Reichssender Hamburg direkt aus dem Deutschen Haus übertragen. Heinz Schubert, Erster Kapellmeister am Stadttheater, leitete das Grenzland-Orchester für eine Saison, 1938-1944 übernahm Musikdirektor Otto Miehler die Leitung. Als das Orchester 1944/1945 durch Einberufung vieler Musiker und Miehlers nicht mehr spielfähig war, wurden als Ersatz im Stadttheater Solistenkonzerte angeboten.

Nach Kriegsende erhielt Miehler von der britischen Militärregierung den Auftrag, ein „Flensburg Municipal Orchestra” zu gründen. Die ersten Konzerte im Deutschen Haus, das damals noch als Hilfslazarett diente, waren zunächst nur dem britischen Militär zugänglich. Das erste öffentliche Konzert fand am 15.09.1945 in der Turnhalle der Marineschule Mürwik statt. Die Spielzeit 1946/1947 bot bereits wieder 18 Sinfoniekonzerte im Deutschen Haus an. Unter Miehlers Leitung wurden auch wieder moderne Werke gespielt.

1950 beschloss die Ratsversammlung aus finanziellen Gründen die Auflösung des Orchesters. Ein neu gegründeter Zweckverband sorgte für den Erhalt des Ensembles, das von nun an den Namen „Nordmark-Sinfonie-Orchester” trug. Heinrich Steiner, der als Generalmusikdirektor die Leitung der Konzerte und auch der Musiktheateraufführungen im Stadttheater übernahm, prägte während seiner 23-jährigen Tätigkeit in dieser Funktion das Orchester maßgeblich. Neben den Abonnementskonzerten und einigen Sonderkonzerten veranstaltete Steiner Schülerkonzerte, in denen er mit Erläuterungen Schüler an die klassische Musik heranführte. Das Orchester wirkte weit über die Landesgrenzen hinaus, gab Gastspiele in Kopenhagen und Malmö. Steiner initiierte die Gemeinschaftskonzerte mit dem Sønderjyllands Symfoniorkester, die zu Höhepunkten der Saison und zu einer bis heute gepflegten Tradition wurden.

Es gelang, das Orchester, das neben dem normalen Konzert- und Theaterbetrieb im Sommer auch als Kurorchester in Westerland wirkte, auf 55 Musiker aufzustocken. Eine drastische Erhöhung der Eintrittspreise 1972/1973 führte erneut zu einer Diskussion um die Kosten des Orchesters, deren Hauptanteil nach wie vor die Stadt Flensburg trug. Eine Änderung der Trägerschaft wurde unumgänglich, was zu Steiners Abschied führte.

In die 1974 gegründete Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH wurde auch das Nordmark-Sinfonie-Orchester eingegliedert. Generalintendant Dr. Horst Mesalla erreichte eine personelle Vergrößerung des Orchesters und den Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Einstufung des Klangkörpers in die höhere Tarifgruppe B im Jahre 1978. GMD war von 1974-1979 Russlan Raytscheff, anschließend Hector A. Urbon. 1987 übernahm Gerhard Schneider die Position des GMD. Er wurde von Joachim Willert, der zuvor das gleiche Amt an der Komischen Oper Berlin innehatte, 1993 abgelöst.

1998-2002 war Per Borin GMD des Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters. Er setzte mit der Pflege skandinavischer Musik einen wichtigen inhaltlichen Schwerpunkt und folgte im Sommer 2002 einer Berufung als Professor an die Musikhochschule Stuttgart. Mit Beginn der Saison 2002/2003 übernahm Gerard Oskamp als GMD die Leitung des Klangkörpers. Er dirigierte die großen Werke des Musiktheaters, setzte in einem umfangreichen Konzertprogramm klare inhaltliche Schwerpunkte. So war in der Saison 2002/2003 das sinfonische Schaffen von Franz Liszt ein durchgehender Akzent, bildete in der nachfolgenden Saison Frankreich den musikalischen Schwerpunkt.

In der Spielzeit 2004/2005 trugen die Konzerte das Motto „Sehnsucht nach Frieden”, in jedem Konzert der Saison 2005/2006 stand die Musik jeweils eines europäischen Landes im Mittelpunkt (Russland, Italien, England, Tschechien, Deutschland etc.). In seiner letzten Spielzeit, die er als GMD verantwortete, dirigierte Gerard Oskamp Musik im Spannungsfeld von Tradition und Moderne („Schöpfen aus der Tradition”).

Vom Opernhaus Hannover kam 2007 der 1971 in Tallin geborene Este Mihkel Kütson als GMD an das Schleswig-Holsteinische Landestheater. Mit leidenschaftlicher Musizierlust, hohem Qualitätsanspruch und Entdeckerfreude in den Konzertprogrammen, die geschickt bekannte Werke mit vergessenen oder noch nicht so vertrauten kombinierten, brachte er dem Theater viele neue Freunde. Nach seinem Wechsel 2012 an das Theater Krefeld-Mönchengladbach folgte ihm der Österreicher Peter Sommerer auf den Chefposten. Nach zwei Jahren als Erster Kapellmeister am Landestheater hatte ihn das Orchester mit großer Mehrheit gewählt. In seiner ersten Konzertsaison 2012/2013 stellt Peter Sommerer Mozart und die Werke der Wiener Klassik in das Zentrum der Aufmerksamkeit, denn sie sind „Urgrund und Nährboden der klassischen Musik bis Heute und eine tiefe Freude für Musiker und Hörer“. Darüber hinaus leitet Peter Sommerer zahlreiche Musiktheaterproduktionen und führte die überaus erfolgreichen BABYKONZERTE ein.

Von 2019 bis 2022 war Kimbo Ishii Generalmusikdirektor. Neben der Feier des Beethoven-Jahres mit zahlreichen Konzerten, die sich einzig Werken des Jubilars widmen, gestaltete er einen – auch unter Coronabedingungen – abwechslungsreichen Konzertspielplan und leitete Musiktheaterproduktionen vom klein besetzten Musical bis zur großen Oper.

Ihm folgte 2022 der bisherige 1. Kapellmeister Ingo Martin Stadtmüller, der als GMD bis 2024 dem Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchester vorsteht. Er leitet zahlreiche Sinfonie- und Sonderkonzerte und Musiktheaterwerke, darunter Samuel Barbers VANESSA, Händels XERXES oder DIE LUSTIGEN NIBELUNGEN von Oscar Straus.

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Sonnabends, sonn- und feiertags eine Stunde vor Vorstellungsbeginn