1. KAMMERKONZERT

Spielzeitraum: 27.10.2024 – 08.11.2024
Vorstellungsdauer: ca. 100 Minuten inkl. einer Pause

François-Adrien Boieldieu (1775–1834)
Potpourri über Arien aus der ZAUBERFLÖTE, DON GIOVANNI und FIGAROS HOCHZEIT
für Harfe, Violoncello und Klavier

Robert Muczynski (1929–2010)
Sonate für Flöte und Klavier op. 14

Igor Strawinski (1882–1971)
Suite italienne für Violoncello und Klavier (Arr. Gregor Piatigorsky)

Lennox Berkeley (1903–1989)
Trio für Horn, Violine und Klavier op. 44

François-Adrien Boieldieu war einer der bekanntesten französischen Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts. Seinen Ruhm verdankte er insbesondere seinen mehr als vierzig Opern und Vaudevilles – er wurde vor allem als ein Meister der Opéra-comique gefeiert. Neben seine Bühnenwerken schrieb er auch Kammermusik, je ein Klavier- und Harfenkonzert sowie zahlreiche Romanzen für Singstimme und Harfe. Er unterrichtete zunächst als Klavierlehrer, später als Professor für Komposition am Pariser Konservatorium und wurde in Sankt Petersburg zum Hofkomponisten berufen.

Boieldieu konzentrierte sich auf Melodien, die zu viel Ornamentik vermieden, seine Werke zeichnen sich durch ihre reich fließende Melodik, ihre große rhythmische Lebendigkeit und eine leichte, aber kluge Orchestrierung aus. Nicht zuletzt Hector Berlioz bewunderte die „schmeichlerische und geschmackvolle Pariser Eleganz“ seiner Musik.

Mit Ausnahme von LA DAME BLANCHE – in Paris mit etwa 1700 Aufführungen eine der meistgespielten Opern des 19. Jahrhunderts! –, die vereinzelt noch auf Spielplänen zu finden ist, werden heute in Konzerten gelegentlich noch sein Konzert für Harfe und einige seiner Opernouvertüren gespielt.

Boieldieus Werke für die Harfe entstanden unter dem Einfluss seiner Bekanntschaft zu Sébastien Érard, dem Instrumentenbauer, der sein handwerkliches Können nicht nur für das Klavier, sondern auch für die Harfe verwendete und die revolutionierende Doppelpedalmechanik der Harfe entwickelte. In seinem Potpourri für Harfe, Violoncello und Klavier erklingen berühmte Melodien aus Mozarts ZAUBERFLÖTE, DON GIOVANNI und FIGAROS HOCHZEIT. Der Begriff „Potpourri“ bezeichnete ursprünglich ein Ragout aus verschiedenen, in einem Topf verrührten Fleischresten, in der Musik sind es einzelne, meist populäre Melodien, die, durch kurze Überleitungen verbunden, zu einem neuen unterhaltsamen Werk zusammengefügt werden. Im 19. Jahrhundert erfreuten sich Opern-Potpourris insbesondere bei musizierenden Dilettanten großer Beliebtheit und animierten viele Komponisten, die große Nachfrage zu bedienen. Dadurch konnte das gängige Opernrepertoire durch unzählige Klavierarrangements und kammermusikalische Bearbeitungen nicht nur große Verbreitung finden, sondern hielt auch Einzug in musikalische Salons und das häusliche Musizieren.

Originell: Die ZAUBERFLÖTE wird auf dem Titelblatt der Notenausgabe als LES MYSTÈRES D’ISIS benannt. So lautete der Titel einer französischen Adaption der ZAUBERFLÖTE, die ein gewisser Ludwig Wenzel Lachnith 1801 genau zehn Jahre nach der Wiener Uraufführung des Originals für deren Erstaufführung am Pariser Théâtre de la République vorgenommen hatte. Napoleons Ägyptenfeldzüge hatten damals in Frankreich so große Begeisterung ausgelöst, dass man sich von einer Oper, die den Namen der ägyptischen Göttin Isis im Titel trägt, einfach mehr Erfolg versprach. Lachnith hat sich bei der Übertragung in Form eines Pasticcios zudem einige Freiheiten herausgenommen: Chöre ergänzt, die originalen Dialoge durch komponierte Rezitative ersetzt, Personen umbenannt (so heißt Tamino etwa Isménor) und beherzt in die Handlung eingegriffen. Zudem scheute er auch nicht davor zurück, berühmte Arien aus anderen Opern von Mozart einzuflechten, so erklingt Don Giovannis Champagnerarie nun als Damenterzett, oder die Königin der Nacht wird zum Mezzosopran und singt als Myrène nun Arien der Donna Anna (DON GIOVANNI) und Vitellia (LA CLEMENZA DI TITO).

Der US-amerikanische Komponist und Pianist Robert Muczynski war Sohn polnisch-slowakischer Emigranten und veröffentlichte mehr als 50 Werke für Orchester, Kammerensembles, Soloinstrumente (vor allem Klavier) und Chor. Insbesondere als Pianist wurde er zu einem überzeugenden Vertreter seiner eigenen Werke. Zudem schrieb Muczynski mehrere Filmmusiken für Dokumentarfilme seines Lebenspartners Harry Atwood.

Seine 1961 entstandene Sonate für Flöte und Klavier op. 14 zählt heute zum Standardrepertoire zahlreicher Flötisten und wurde in Nizza mit dem Concours international de composition ausgezeichnet. Stilistisch kann seine durchaus gefällige, mit leichten Dissonanzen angereicherte, moderat modernistische tonale Tonsprache dem amerikanischen Neoklassizismus zugeordnet werden, insbesondere seine energetische Rhythmik lässt Einflüsse das Jazz deutlich werden. Es gibt Anklänge an Bartók, Barber und Bernstein mit pikanten Einfärbungen durch „Blue-Notes“.

Igor Strawinski stellte seine Suite italienne zu Beginn der 1930er-Jahre aus den Tänzen seines Balletts PULCINELLA zusammen und veröffentlichte sie zunächst in einer Fassung für Cello und Klavier, die ihm der große Cellist Gregor Piatigorski einrichtete.

Strawinski befand sich 1917 mit der Balletttruppe des bedeutenden Ballett-Impresario Sergei Diaghilew auf einer Italien-Reise in Neapel, als er „in einem überfüllten, von Knoblauch dampfenden kleinen Raum“ seine erste Begegnung mit der Commedia dell’arte hatte. Ganz besonders konnte er sich dabei für die in Süditalien entstandene Dienerfigur des listigen, intriganten, tölpelhaften und gefräßiger Pulcinella begeistern. Diaghilew hatte indes in der Nationalbibliothek von Neapel ein Manuskript aus dem 18. Jahrhundert mit dem Titel „I quattro Pulcinella“ entdeckt und entbrannte für die Idee, daraus ein Ballett entstehen zu lassen. Hinzu kamen, so schildert Strawinski später die Entstehungsgeschichte in seinen „Erinnerungen“, eine Anzahl unvollendeter Manuskripte Giovanni Batista Pergolesis, die Diaghilew in italienischen Konservatorien heraussuchen und kopieren ließ und durch weitere Funde aus Londoner Bibliotheken vervollständigte. Die Wiederentdeckung der Alten Musik erlebte in der Zeit um 1920 einen ihrer großen Höhepunkte, Diaghilews Ballets Russes hatten sich darauf spezialisiert, musikalische „Ausgrabungen“ in zeitgemäßen Arrangements herauszubringen, und Strawinski ließ sich von dieser Begeisterung anstecken.

So entstand eine umfassende Sammlung von fragmentarischen Zwischenaktmusiken verschollener Kurzopern oder Tanzkomödien, Tanzsätzen aus Kammersonaten, Cembalosuiten und Solokonzerten, die – wie man heute weiß – nur zum Teil tatsächlich von Pergolesi stammten. Denn nach dem frühen Tod Pergolesis wurden zahlreiche Werke eher unbekannter Komponisten wie Domenico Gallo oder Unico Willem van Wassenaer unter dessen Namen veröffentlicht, da sie sich so lukrativ vermarkten ließen. Strawinski veränderte auf subtile Weise diese Vorlagen, brach beispielsweise durch Kürzen oder Dehnen schematische Takteinheiten asymmetrisch auf, veränderte Melodien oder verschärfte Rhythmus und Harmonik. Er schrieb seine Veränderungen direkt in die Manuskripte hinein, als würde er, so Strawinski, ein altes Werk von sich selbst korrigieren. Dabei ging es ihm nicht darum, die barocken Vorlagen zu verfälschen, sondern vielmehr darum, sie mit seinen eigenen Mitteln neu zum Leben zu erwecken. Dies zeigt eine andere Seite des kühnen Revolutionärs, der kurz zuvor noch mit LE SACRE DU PRINTEMPS die Musikwelt erschüttert hatte. Erkennbar wird Strawinskis reflektierter Umgang mit der Musikgeschichte, wobei er tradierte Elemente in seine eigene Tonsprache überführte und so PULCINELLA zu einem Schlüsselwerk des Neoklassizismus werden ließ. Das eigentlich Bemerkenswerte an PULCINELLA sei jedoch, betont Strawinski, nicht wie viel, sondern wie wenig er hinzugefügt und geändert habe. Und vom Publikum wurde das Werk so begeistert aufgenommen, dass Strawinski später das Werk mehrfach für den Konzertgebrauch bearbeitet hat.

Der britische Komponist Sir Lennox Berkeley erhielt auf Empfehlung von Maurice Ravel einen Studienplatz bei Nadja Boulanger, der bedeutendsten und einflussreichsten französischen Kompositionslehrerein der 1920er-Jahre, die Berkeley ganz im Sinne der neoklassischen Stilideale prägte. Paris, die Begegnung mit Strawinski und die freundschaftliche Verbindung mit Poulenc nahmen auf die künstlerische Entwicklung des Komponisten einen so prägenden Einfluss, dass er die Entwicklungen seiner britischen Heimat nach seiner Rückkehr vollkommen unbeeindruckt ignorierte.

Sein Trio op. 44, für Horn, Violine und Klavier komponierte Berkeley 1952 für den britischen Hornisten Dennis Brain, der sich mit großer Leidenschaft der Kammermusik widmete. Berkeley nahm sich – durchaus naheliegend – dafür das für die gleiche Besetzung komponierte Trio op. 40 von Johannes Brahms zum Vorbild. Während Brahms jedoch noch für ein „Waldhorn“ ohne Ventile komponierte, entstand Berkeleys Hornstimme für ein modernes Ventilhorn mit seinen gesteigerten harmonischen und spieltechnischen Möglichkeiten.

Besetzung

MIT

Wolf HassingerVioloncello
Ekateryna Polyakova* Klavier

Termine

So 27.10.2411.15 Uhr

Flensburg (Museumsberg)

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So 03.11.2411.15 Uhr

Rendsburg (Großes Foyer)

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Fr 08.11.2419.30 Uhr

Schleswig (Domschule)

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1. KAMMERKONZERT - Spielstätten

Außenansicht des Museumsbergs in Flensburg

Museumsberg (Flensburg)

Das Große Foyer im Stadttheater Rendsburg, an den Seiten des imposanten Raumes stehen Tische und Stühle, der Raum ist mit dunklem Holz verkleidet, an der rechten Wand sind große, bunte Fenster zu sehen

Großes Foyer (Rendsburg)

Außenansicht der Domschule in Schleswig

Domschule (Schleswig)