Der aus Buenos Aires stammende Gitarrist und Komponist Máximo Diego Pujol tritt in seiner Suite de Buenos Aires eine Reise durch seine Heimatstadt an und portraitiert voller Nostalgie in jedem Satz eines der bekanntesten Stadtviertel der argentinischen Metropole: Pompeya wurde als Wiege des Tango berühmt, kam doch in den Tanzsälen des südlichen Stadtteils erstmals der Tango Argentino aufs Parkett und gewann so sehr an Popularität, dass an allen Ecken Tangohallen eröffnet wurden. Palermo ist der flächenmäßig größte Stadtteil und eine beliebte Wohngegend mit zahlreichen Geschäften, während San Telmo das historische Viertel ist, dessen pulsierendes Leben von Cafés, Clubs, Pop-up-Kunstgalerien und Flohmärkten bestimmt wird. Microcentro schließlich ist das Geschäfts- und Handelsviertel im Herzen der Stadt. Musikalisch ist Pujol tief in den Traditionen Argentiniens verwurzelt, die er mit Elementen der klassisch-europäischen Kunstmusik und des Jazz verbindet. Den Tango lernte Pujol als Gitarrist in den Nachtclubs von Buenos Aires kennen, zudem studierte er voller Enthusiasmus die Werke von Heitor Villa-Lobos und Leo Brouwer, die die Gitarrenmusik revolutionierten, und natürlich lässt sich der Einfluss von Astor Piazzolla in seinen Kompositionen nicht verleugnen. So wird seine Musik zum Ausdruck einer universellen Lyrik, die Gefühlen wie Melancholie, Nostalgie, Sinnlichkeit, Leidenschaft, Wut und Liebe Ausdruck zu geben vermag.
Die vier reizvollen Flötentrios aus der Feder von Marc Berthomieu sind zauberhafte kleine Stimmungsbilder im Gewand einer Suite. Auf die traditionellen Tänze Menuett und Gigue folgen mit Limonaire Jahrmarktsklänge: Die Brüder Limonaires waren Klavier- und Orgelbauer, die sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Paris insbesondere durch die Herstellung von Straßen- und Kirmesorgeln einen Namen gemacht hatten. Rhythmisch prägnant beschließt am Ende ein ungarischer Tanz den Reigen. Berthomieu ist einer von den großen Vergessenen unter den Komponisten des 20. Jahrhunderts. Nach seiner Ausbildung am Pariser Konservatorium war er als Musikpädagoge tätig, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen. Seine Musik steht noch ganz in der Tradition der Spätromantik, zudem werden impressionistische und neoklassizistische Anklänge deutlich. Neben Opern, Operetten, Ballett- und Filmmusik macht Kammermusik einen großen Teil seines Schaffens aus. Da die Flöte zu Berthomieus Lieblingsinstrumenten zählte, hat er ihr eine Vielzahl von Stücken gewidmet.
Der japanische Komponist und Koto-Virtuose Michio Miyagi hatte „Haru no Umi“ 1929 ursprünglich für das Koto, ein 13-saitiges Zupfinstrument, und Shakuhachi, eine Bambusflöte, komponiert. Das Koto nimmt in der Musik Japans eine ähnliche Stellung ein, wie das Klavier in der abendländischen Konzertmusik. Das japanische Nationalinstrument ist eines der wichtigsten Soloinstrumente der volkstümlichen Musik, wird vielfach zur Begleitung von Liedern und auch im Ensemblespiel verwendet. Miyagi verbindet in dem Stück die schlichte Schönheit japanischer Musik mit europäischen Klängen: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten viele asiatische Komponisten nach einer Möglichkeit, ihre Kultur und Musiktradition auf die Bühnen der Welt zu bringen, indem sie traditionelle Melodien in die harmonischen Strukturen der westlichen klassischen Musik einfließen ließen. Inspiriert wurde Miyagi zu seinem berühmtesten Werk durch ein Bild des Meeres von Tomonoura, das er gesehen hatte, bevor er im Alter von 8 Jahren durch eine Krankheit sein Augenlicht verlor.
Anders als Berthomieu soll Wolfgang Amadeus Mozart angeblich die Flöte nicht gemocht haben – allerdings war er mit erstaunlich vielen Flötisten befreundet, denen wir die Entstehung wundervoller Werke des Flötenrepertoires zu verdanken haben. Seine drei frühen Quartette für Flöte und Streichtrio entstanden für den Arzt, Gelehrten, Chemiker und begeisterten Musiker Dr. Ferdinand Dejean, dem Mozart im Herbst 1777 durch Johann Baptist Wendling, Flötist der berühmten Mannheimer Hofkapelle, vorgestellt wurde. Dejean gab bei Mozart im Dezember „3 kleine, leichte, und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte“ in Auftrag und versprach dafür ein Honorar von 200 Gulden.
Mozart machte sich an die Arbeit und meldete seinem Vater Weihnachten: „Ein quartetto für den indianischen holländer [Dejean war lange Jahre im Auftrag der Niederländischen Ostindien-Kompagnie als Schiffsarzt u. a. in Indonesien, Südafrika, Sumatra, Malaysia, Indien und Persien tätig.], für den wahren Menschenfreünd, ist auch schon bald fertig.“ Tatsächlich vollendete Mozart sein wunderschönes D-Dur-Quartett KV 285 am ersten Weihnachtstag, kurz danach wohl auch das große Flötenkonzert in G-Dur und ein weiteres Quartett. Dann aber kam die Arbeit ins Stocken und Dejean wartete vergeblich auf die Erfüllung seines Auftrags, denn Mozart hatte sich in Aloysia Weber verliebt und nun ganz andere Dinge im Kopf. Doch Dejean gab nicht auf. Als Mozart dann in Wien an der ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL arbeitete, kam es zu einem Wiedersehen, bei dem der passionierte Flötist das dritte der in Mannheim in Auftrag gegebenen Flötenquartette einforderte. Mit dem Flötenquartett C-Dur KV 285b konnte Mozart endlich mit vier Jahren Verzögerung im Herbst 1781 die Arbeit zum Abschluss bringen. Dass das letzte der Quartette nur zweisätzig ist, war durchaus üblich. Viele der Flötenquartette, die für den Mannheimer Kurfürsten Carl Theodor entstanden sind, haben nur zwei Sätze.
Dmitri Schostakowitsch widmete sein 2. Klaviertrio 1944 dem Andenken seines Freundes Iwan Sollertinski, der als scharfer Kritiker der bolschewistischen Kulturpolitik Schostakowitschs Entwicklung zum individuellen Künstler maßgeblich förderte. Nach Michail Glinka, Pjotr Iljitsch Tschaikowski oder Sergei Rachmaninow reiht sich das Werk so in die Tradition der hochexpressiven „Trio élégiaque“ ein, bei der innigste Totenklagen in die Form eines Klaviertrios gegossen werden. Als Schostakowitsch von Sollertinskis überraschendem Tod erfuhr, schrieb er im Februar 1944 an einen gemeinsamen Freund: „Wir werden ihn nie wiedersehen. Es fehlen die Worte, um den großen Schmerz auszudrücken, der mein ganzes Wesen quält“, eine tiefe Betroffenheit, die in der Musik des Trios ihren Ausdruck findet. Neben der Trauer um den Freund finden aber auch die Not und das Elend der Kriegszeit Eingang in das düstere Werk, das, so Schostakowitschs Biograf Iwan Martynow, „wahrscheinlich das Allertragischste“ im Schaffen des Komponisten sei. Die Verwendung einer traditionellen jüdischen Volksweise im Finalsatz soll zudem Ausdruck der Trauer über die Ermordung der Juden durch Hitler und Stalin sein, eine Annahme, die ihre Bestätigung findet, wenn Schostakowitsch in seinem 8. Streichquartett, das „den Opfern des Faschismus und des Krieges gewidmet“ ist, das Thema erneut aufgreift.