In seiner etwa 1593 entstandenen Komödie DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG (THE TAMING OF THE SHREW) hat William Shakespeare mit Katharina eine für seine Zeit erstaunlich emanzipierte Frauenfigur geschaffen, die nicht bereit ist, die ihr auferlegte Zwangsehe klaglos hinzunehmen. Ihr Ehemann Petrucchio versucht, die „Widerspenstige“ zu „zähmen“, gar zu brechen. Am Ende des Shakespeare-Stücks unterliegt die willensstarke Alleinkämpferin tatsächlich dem System. Wie ist das „Happy End“ in Shakespeares Dichtung heute zu bewerten? Und warum muss eine Frau überhaupt wie ein wildes Tier „gezähmt“ werden?
Am Schleswig-Holsteinischen Landestheater ist eine einzigartige Interpretation von DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG, dessen Titel inzwischen eigentlich nur noch mit Fragezeichen gelesen werden kann, zu erleben: Katharina Torwesten nutzt den Text des Renaissancedichters lediglich als Basis und spannt in ihrem Ballett einen großen Bogen weit über die Shakespeare-Handlung hinaus: Sie führt ihre Zuschauer durch die Epochen der Weltgeschichte und beleuchtet das Geschlechterverhältnis, bis zu seinen absoluten Tiefpunkten, über Jahrhunderte, Jahrtausende. Könnte, müsste, sollte es zwischen Mann und Frau nicht ganz anders laufen? Die Inszenierung versteht sich als hoffnungsvolles Plädoyer für das Genießen der Unterschiede und appelliert: Hört auf, einander zähmen zu wollen!
Mit Fingerspitzengefühl und gewohnt subtiler Ironie packt Katharina Torwesten viele Fragen rund um dieses komplexe Thema an. Das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester formt mit großbesetzten Orchesterwerken und Kammermusik unter anderem von Edward Elgar, Alfred Schnittke und Dmitri Schostakowitsch expressive klangliche Kontraste.